Björn Wertli: «Der Beginn der Corona-Pandemie war ein einschneidendes Ereignis»

Björn Wertli ist seit Sommer 2017 Direktor von GastroSocial. Die Ausgleichs- und Pensionskasse des Hotel- und Gastgewerbes wurde und wird wegen Corona vor diverse Prüfungen gestellt. Björn Wertli im Interview über die bewältigten Herausforderungen, die aktuelle finanzielle Lage der GastroSocial Pensionskasse und die zukünftig immer stärker voranschreitende Digitalisierung als Chance für die Kundinnen und Kunden.

2020 war ein sehr herausforderndes Jahr für die Gastronomen und Hoteliers. Wie haben Sie das erlebt?

Für unsere Kunden wie auch für uns ist die Corona-Pandemie ein einschneidendes Ereignis. Vor Beginn der Pandemie waren wir in einer Grundsatzdiskussion, ob Homeoffice überhaupt ermöglicht werden soll, als uns der Lockdown im März letzten Jahres dazu gezwungen hat, die Mitarbeitenden nach Hause zu schicken. Dank der Flexibilität unserer Mitarbeitenden, welche die Einschränkungen in Bezug auf Ergonomie und Infrastruktur in Kauf nahmen, sowie dem raschen Handeln unserer IT konnten wir den Betrieb stets aufrechterhalten und unsere Kunden von 270 verschiedenen Arbeitsorten aus bedienen. Auch die Zusatzaufgaben wie die Ausrichtung von Corona-Erwerbsersatzentschädigungen konnten wir meistern.

Was sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die GastroSocial Pensionskasse?

Dank des Durchhaltewillens unserer Kunden wie auch der Stützungsmassnahmen des Bundes – insbesondere, dass viele Unternehmer für ihre Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragen konnten – hat sich die Anzahl der bei uns angeschlossenen Betriebe und deren Lohnsumme nicht gross verändert. Wir sind unseren Kunden auch sehr dankbar, dass sie trotz der Krise die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin regelmässig bezahlt haben.

Wie sieht die allgemeine finanzielle Lage der GastroSocial Pensionskasse aus?

Wir konnten in den vergangenen Jahren zusätzliche Kunden aus der Gastronomie und der Hotellerie gewinnen. Dabei ist es uns auch gelungen, das gesunde Verhältnis zwischen der Zahl der Rentner und der aktiv Versicherten beizubehalten. Die Vorsorgegelder sind sicher, die Marktschwankungen des vergangenen Jahres konnten abgefedert und die Kosten tief gehalten werden. Die Performance der Pensionskasse liegt bei 3.85 % und der Deckungsgrad beträgt 123.9 % per 30. April 2021. Mit unserer ausgewogenen und breit diversifizierten Anlagestrategie konnten wir über die Jahre sehr gute Renditen erzielen und die notwendigen Reserven weiter ausbauen.

Welche Reserven sprechen Sie an?

Wir wollen unseren Versicherten auch zukünftig einen Umwandlungssatz von 6.8% auf den obligatorischen Leistungen und 6.5% auf den überobligatorischen Leistungen bieten können. Dafür benötigen wir entsprechende Reserven.

Wie sind die Aussichten für 2021?

Wir rechnen für 2021 mit einem Rückgang der Anzahl an Gastgewerbe-Betrieben und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die bei uns versichert sind. Gleichzeitig erwarten wir aber spätestens für 2022 wieder eine Erholung.

Björn Wertli, Direktor von GastroSocial

Als Betriebsökonom FH und Finanzanalyst verfügt Björn Wertli über langjährige Erfahrung im Finanz- und Pensionskassenwesen sowie in der Vermögensanlage.

À propos Aussichten: Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Wie gehen Sie damit in der Vermögensanlage um?

Im Anlagebereich wird in diesem Zusammenhang oft von «ESG» gesprochen, wobei «E» für Umweltaspekte (Environment), «S» für soziale Aspekte (Social) und «G» für Führung und Kontrolle (Governance) in der Wirtschaft stehen. Wir beschäftigen uns bereits seit vielen Jahren mit diesen Themen. Die Abwägung von Chancen und Risiken in diesen Teilbereichen gehört zu einer umsichtigen Anlagetätigkeit. Dabei muss für eine Vorsorgeeinrichtung immer die risikobewusste Erzielung einer angemessenen längerfristigen Gesamtportfoliorendite für die Destinatäre im Zentrum stehen. Die bei uns eingesetzten internen und externen Portfoliomanager beurteilen ESG-Aspekte und berichten darüber in ihren regelmässigen Publikationen und den Reviewmeetings mit unserer Abteilung Vermögensanlagen. Bei der Eignungsbeurteilung neuer Manager überprüfen wir immer, wie das Thema Nachhaltigkeit abgedeckt wird. Damit unsere Manager ihre Nachhaltigkeitskonzepte im globalen Kontext möglichst nutzbringend auf ihren jeweiligen Anlagebereich ausrichten können, verzichten wir darauf, einheitliche Vorgaben zu machen. Wir sind überzeugt, so einen Mehrwert für unsere Destinatäre zu erreichen, indem wir das Rendite-/Risiko-Verhältnis des GastroSocial-Portfolios verbessern. Zudem können wir dadurch gleichzeitig einen Beitrag zur nachhaltigeren Ausrichtung der Weltwirtschaft leisten, ohne die Portfoliorendite durch Mehrkosten im Berichtswesen zu schmälern.

Was können die Kunden und Versicherten von der GastroSocial Pensionskasse in Zukunft erwarten?

Die Versicherten können auch in Zukunft eine attraktive Verzinsung erwarten. Wir setzen uns dafür ein, weiterhin den vorteilhaften Umwandlungssatz beizubehalten, um unseren Versicherten eine möglichst hohe Rente gewähren zu können. Wir werden weiter in die Digitalisierung investieren, um unseren Kunden den administrativen Aufwand zu verkleinern und die Verwaltungskosten weiterhin sehr tief halten zu können. Das Kundenportal PartnerWeb-connect zum Beispiel soll in Zukunft auch für die Pensionskasse eingeführt werden. Im Bereich der Ausgleichskasse hat es sich bereits bewährt.

Ist die Gastronomie bereit für die Digitalisierung?

Die Gastronomie- und Hotelleriebetriebe werden immer mehr digital, einige sind hier schon sehr weit fortgeschritten und allmählich verschwinden die letzten Faxgeräte. GastroSocial prüft die weitere Digitalisierung in Bezug auf Formulare und digitale Unterschriften. Seit vorletztem Jahr werden auch die Lohnhefte nur noch auf Wunsch verschickt. 85% unserer Kunden melden die Löhne bereits online.

Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie in die Digitalisierung investieren, ist dies in diesen unruhigen Zeiten nicht gewagt?

GastroSocial plant längerfristig, so investieren wir aktuell auch in eine Erneuerung unserer Website, um für unsere Kunden die Abläufe zu optimieren und ihnen eine möglichst benutzfreundliche Plattform zur Verfügung zu stellen. Wir wollen ihnen einen optimalen Service bieten und damit sind Investitionen in die Digitalisierung verbunden. Wenn wir jetzt nicht investieren, müssen wir dies später doppelt nachholen.