Nachhaltig investieren – aber wie?

Im Gespräch rund um nachhaltige Anlagen: Unser Lernender Dennis Cankurt mit Beat Wüst, Leiter Abteilung Vermögensanlagen bei GastroSocial.

Das neue Trendwort in Sachen Anlagen ist ESG – was bedeutet dies?
Es geht um Nachhaltigkeit: Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmungsführung) – die drei Bausteine sollen Struktur in das breit gefächerte Thema bringen.

Der Klimawandel ist im Bewusstsein der Finanzwelt angekommen. Welche Bedeutung haben Nachhaltigkeitsaspekte in den Vermögensanlagen bei GastroSocial?
Der Klimawandel wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert und hat für uns einen noch grösseren Stellenwert in der Beurteilung von Anlagen bekommen. Bei Neuanlagen und in den Reviews wird dieser Aspekt neben der Risiko-/Rendite-Perspektive angeschaut. Aus einer gesamtheitlichen Anlagesicht ist es wichtig, dass man alle Aspekte miteinbezieht. Es muss aus der Sicht der Destinatäre gehandelt werden und diese wollen mit ihrem Vorsorgevermögen eine vernünftige Rendite erzielen, bei einem bewussten Eingehen von Risiken und einem verantwortungsvollen Umgang mit ihren Geldern.

Was bedeutet dies für den Alltag eines Portfolio Managers?
Die ESG-Faktoren haben bei jeder Prüfung einer neuen Anlage und in jedem Review-Gespräch einen hohen Stellenwert. Die Portfolio Manager/innen müssen aufzeigen, wie mit Nachhaltigkeitsaspekten im Anlageprozess umgegangen wird.

Wo liegen die grössten Herausforderungen für GastroSocial in Bezug auf ESG?
Wir müssen uns immer fragen: Wie viel Ressourcen setzen wir dazu ein? Und wie viel Gewicht erhalten die Nachhaltigkeitsaspekte im Verhältnis zu allen anderen Einflussfaktoren in der Vermögensanlage? Wir wollen die Nachhaltigkeitsaspekte soweit berücksichtigen, wie es für unsere Destinatäre vorteilhaft ist. Die Herausforderung dabei ist, dass für jede Anlage eine Entscheidung getroffen werden muss, ohne genau zu wissen, was in der Zukunft in dieser Dimension passieren wird.

Können wir mit nachhaltigen Anlagen etwas für das Klima tun?
Am meisten nützen wir dem Klima mit Investitionen, die eine Begrenzung des Klimawandels unterstützen. Man spricht von «Impact Investing» zu Deutsch: wirkungsorientiertes Investieren. Damit ist gemeint, neben rein finanziellen Aspekten einen gezielten, positiven Einfluss auf Umwelt oder Gesellschaft zu erzielen. Wir wenden das Impact Investing in verschiedenen Teilbereichen an, wobei wir aber immer auch die Risiko-/Rendite-Perspektive nicht ausser Acht lassen dürfen.

«Am meisten nützen wir dem Klima mit Investitionen, die eine Begrenzung des Klimawandels unterstützen.»

Wie oft wird die Anlagestrategie angepasst, und welche Faktoren haben Einfluss darauf?
Wir evaluieren jährlich, ob eine Weiterentwicklung der Strategie vorteilhaft wäre, um möglichst optimal für das Anlageumfeld der nächsten Jahre aufgestellt zu sein. Verändert wird sie meist alle drei Jahre. Dieser Zeitrahmen hat sich im dynamischen Anlageumfeld bewährt.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein, inwiefern beeinflusst dies die Strategie?
Wir befinden uns aktuell immer noch in einem Umfeld mit extrem tiefen Zinsen, die in den Jahren seit der globalen Finanzkrise 2008/09 vorherrschend sind. Ebenfalls sehen wir heute ein Umfeld ausserordentlich hoher Inflationswerte. Diese werden wieder zurückgehen, jedoch nicht auf die Tiefen wie vor 2021. Die Marktbewertungen sind heute in den meisten Bereichen hoch und es ist immer noch sehr viel Liquidität vorhanden, auch wenn die Notenbanken die Leitzinsen erhöhen und die Wertpapierkäufe wegen der erhöhten Inflationswerte zurückfahren werden. Alles in allem rechnen wir trotz den aktuellen geopolitischen Spannungen und Marktverwerfungen rund um die Entwicklungen in der Ukraine mit einem Umfeld, welches einer Pensionskasse moderat positive Renditen ermöglicht.

Zusammengefasst kann man sagen, dass wir künftig weniger in Anleihen (insbesondere Staatsanleihen von Kernmärkten) und dafür vermehrt in Realwerte wie etwa Aktien, Infrastrukturanlagen und Immobilien investieren werden und der Anteil an Privatmarktanlagen steigen wird. Zudem werden wir unser Portfolio insgesamt globaler aufstellen.

Wie unterscheidet sich die Anlagestrategie von GastroSocial vom Branchendurchschnitt?
Wir haben schon heute deutlich weniger Anleihen im Gegensatz zu den meisten schweizerischen Pensionskassen, insbesondere viel weniger Staatsanleihen. Mit der neuen Anlagestrategie haben wir ein globaleres Portfolio, da wir verstärkt Asien und nicht nur Europa und die USA miteinbeziehen. Ein grosser Unterschied macht der sehr viel höhere Anteil an Privatmarktanlagen aus, welche grösstenteils unter alternative Anlagen fallen. Mit diesen Anlagen erreichen wir eine bessere Diversifikation und zudem ist unser Renditepotenzial deutlich höher als das Portfolio einer typischen Schweizer Pensionskasse.

Welche Trends sehen Sie im Anlagebereich?
Langfristig werden die Privatmarktanlagen weiter ausgebaut. Dies bringt Vorteile in der Diversifikation und bezüglich der Portfoliorendite. Unser Portfolio wird durch bewusste Entscheide und ständige Optimierungen von jedem einzelnen Portfolio Manager nachhaltiger und effizienter. Fundierte Anlageentscheide basierend auf effizienten Entscheidungsprozessen werden vermehrt zu einem Wettbewerbsvorteil für Pensionskassen mit einer schlagkräftigen Anlageorganisation.

Welche Vorteile bringt die GastroSocial Pensionskasse den Versicherten?
Uns ist die grosse Verantwortung im Umgang mit Pensionskassengeldern bewusst. Wir handeln risiko- und verantwortungsbewusst, um mit möglichst hoher Sicherheit langfristig eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Unser motiviertes Team besteht aus kompetenten Fachleuten, welche die Branche bestens kennen.

Wie sind Ihrer Meinung nach die Aussichten für 2022?
Es wird mit Sicherheit ein sehr spannendes Jahr, wobei dies im Anlagebereich meistens der Fall ist. Entwicklungen sind teilweise vorhersehbar, es gibt aber auch unerwartete Wendungen wie dazumal das erstmalige Auftauchen von Covid oder ganz aktuell das Ausmass der Eskalation des Ukrainekonfliktes. Für das Jahr 2022 wird die Inflation bestimmt ein sehr grosses Thema sein, wobei sich diese gegen Jahresende grösstenteils normalisieren wird. Die Unsicherheit zur weiteren Entwicklung der Geldpolitik wird abnehmen, während die Ukrainekrise verschiedene Marktbereiche längerfristig beeinflussen wird.

Für Unternehmen, die in den meisten Teilen der Welt stark aufgestellt sind, wird wohl ein fundamental gutes Umfeld vorherrschen.

«Wir werden ein Weltwirtschaftswachstum über Potenzial verzeichnen, aber nicht so hoch wie im letzten Jahr.»

Ich habe mir einen soliden Betrag angespart. Wie investiere ich das Geld am besten?
Mit Gespartem, das nicht für einen bestimmten Zweck gedacht ist und bei dem es «nicht wehtut», wenn es sich allenfalls stark verkleinern würde, kann ein grösseres Risiko eingegangen und stärker in Aktien über Einzeltitel investiert werden.

Liegt allerdings eher ein Vorsorgegedanke oder ein Hauskauf dahinter, dann sollte man möglichst kostengünstig und breit diversifiziert global in Aktienindizes anlegen. Es winken wohl keine spektakulären Jahre, jedoch kann über eine längere Zeit hinweg durch den Zinseszinseffekt mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eine Wertvermehrung erreicht werden.

Bei einem kurzfristigen Zeithorizont, sprich nur 3 Jahre, behält man einen Teil in cash und den anderen Teil investiert man in einen relativ defensiven und breitdiversifizierten Aktienmarkt oder in ein Dividendenaktienportfolio.