«Frauen können ihre Situation erheblich verbessern, wenn sie nach finanzieller Unabhängigkeit streben»

Heute wird weltweit zum 111. Mal der Internationale Frauentag gefeiert – ein Tag, an dem auf Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam gemacht werden soll. In diesem Ratgeber gehen wir näher auf die Geschlechterunterschiede bei der Altersrente ein und geben Tipps, was Frauen tun können, damit sie im Alter mehr Geld und mehr Sicherheit haben.

Die Renten von Frauen sind in der Schweiz im Durchschnitt 37 Prozent tiefer als die der Männer. Während der Unterschied in der AHV nur drei Prozent beträgt, liegt er bei der beruflichen Vorsorge bei rund 60 Prozent. Entsprechend sind Frauen im Alter mit einer Leistungslücke konfrontiert. Diese Diskrepanz wird auch als «Gender Pension Gap», also geschlechtsspezifische Rentenlücke, bezeichnet.


Wir haben bei der GastroSocial-Kundenberaterin Alessandra Costa nachgefragt:


Frau Costa, was sind die Hauptgründe für die Unterschiede bei den Altersrenten von Frauen und Männern?

Dass Frauen im Alter oft tiefere Renten haben, liegt neben der Lohnungleichheit vor allem an den unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Frauen und Männern. Die Renten sind nämlich in hohem Masse an das Erwerbsleben gekoppelt. So führen Teilzeitpensen, eine niedrigere Erwerbsbeteiligung und längere Erwerbsunter­brüche wegen Mutterschaft zu finanziellen Nachteilen im Rentenalter. Auch ist es für Frauen, die ihrer Karriere nachgehen und gleichzeitig Mutter sein möchten, tendenziell schwieriger, Positionen auf Management-Ebene zu erreichen oder diese zu behalten. Die Care-Arbeit, also der Einsatz im Haushalt und die Fürsorge für die Familie, geniesst in unserer Gesellschaft nicht die Anerkennung, die sie verdient hätte. Das drückt sich leider auch in unseren Sozialversicherungen und speziell in den Pensionskassen aus. Zudem erhalten Frauen immer noch nicht überall den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen. Betrachtet man all diese Gründe, gestaltet sich die Gesamtrechnung relativ einfach: Wer weniger verdient, erhält im Alter weniger Rente.

Fast die Hälfte der Schweizer Rentnerinnen bezieht gar kein Einkommen aus der Pensionskasse. Woran liegt das?

Die Gründe dafür liegen sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart. In der Vergangenheit haben sich meistens die Frauen um die Kinder und den Haushalt gekümmert – nur einige Ausnahmen konnten einer Nebentätigkeit nachgehen. Diese Wahl der klassischen Rollenteilung ist für die heutige Rentnergeneration typisch und führte dazu, dass viele Frauen in ihrer beruflichen Laufbahn gar nicht genug verdient haben, um überhaupt in die Pensionskasse einzuzahlen. Wir sprechen hier von der so genannten Eintrittsschwelle: Verdient eine Frau im Jahr 2022 zum Beispiel weniger als 21'510 Franken pro Jahr, werden keine Beiträge in die Pensionskasse einbezahlt. Die Eintrittsschwelle ist neben den unterschiedlichen beruflichen Entwicklungen und den tieferen Löhnen ein weiterer Grund für die tieferen Renten der Frauen.
Heutzutage sieht die Situation so aus, dass es sich für eine Frau oft gar nicht lohnt, nach der Mutterschaft weiterzuarbeiten, weil die externe Kinderbetreuung derart teuer ist. Auch hier fehlen dann die nicht einbezahlten Beiträge in die Pensionskasse.

Spielt der Zivilstand eine Rolle bei der «Gender Pension Gap»?

Es ist weniger eine Frage des Zivilstands sondern, wie bereits erläutert, eine Frage der bezahlten Erwerbstätigkeit. Gerade weil bei heutigen verheirateten Rentner-Ehepaaren früher die vorhin erwähnte klassische Rollenteilung gelebt wurde, konnte die Frau kein Erwerbseinkommen erzielen. Sie hat somit keine oder nur eine geringe Rente, aber gleichzeitig gehört ja die Rente des Ehemannes zum gemeinsamen ehelichen Einkommen. Aber in diesen Fällen ist es halt meistens nur eine Rente für zwei Personen.
Dank des Vorsorgeausgleichs, der im Jahr 2000 eingeführt wurde, ist es nun immerhin so, dass bei einer Scheidung das Ersparte aus der 2. Säule zwischen den ehemaligen Ehepartnern aufgeteilt wird. Diese Verbesserung ist wichtig, da insbesondere vor dem Jahr 2000 geschiedene Frauen und heutige Rentnerinnen die Rentendifferenz spüren und oft auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind.
Vorsorgetechnisch heikel sind Konkubinatsbeziehungen, die immer häufiger vorkommen. Bei dieser Haushaltsform leben die Partner zwar zusammen, sind aber nicht verheiratet. Die Vorsorge ist im Vergleich zur Ehe nicht gemeinsam abgesichert und es besteht auch keine gegenseitige Unterstützungspflicht. Wenn eine Mutter zum Beispiel nicht erwerbstätig ist und mit dem Partner keine angemessene Vorsorgelösung definiert, steht sie bei einer Trennung mit leeren Händen da. Zudem erhalten Lebenspartnerinnen beim Tod des Partners nicht immer eine Hinterbliebenenrente.

Und zum Schluss: Was raten Sie Frauen zur Verbesserung ihrer persönlichen Vorsorgesituation?

Ein Mann ist keine Altersvorsorge. Frauen können ihre Position erheblich verbessern, wenn sie nach finanzieller Unabhängigkeit streben, sich eigenverantwortlich um ihre Finanzplanung kümmern und vorsorgetechnische Risiken auf dem Schirm haben und angehen. Deshalb empfehle ich allen Frauen, sich frühzeitig und am besten vor der Familiengründung mit ihrer Altersvorsorge zu beschäftigen. Ist sich eine Frau zum Beispiel darüber im Klaren, wie sich ein Arbeitsunterbruch wegen Mutterschaft und eine anschliessende Reduktion des Pensums auf ihre Altersvorsorge auswirkt, kann sie rechtzeitig die entsprechenden Massnahmen einleiten.
Ich selber bin auch Mutter und gleichzeitig liegt mir meine Karriere sehr am Herzen. Bei GastroSocial habe ich mein Gleichgewicht gefunden: Mit grosser Freude durfte ich meine Position zum gleichen Pensum behalten, meine Leistung wird vom Arbeitgeber geschätzt und anerkannt und meine Karriere kann sich immer noch weiterentwickeln. Gleichzeitig habe ich immer genügend Zeit für meinen kleinen Sohn und meinen Ehemann. Beruf und Familie können vereinbar sein – man muss sich nur gut organisieren.


Alessandra Costa
ist seit 5 Jahren bei GastroSocial tätig. Sie kennt die Anliegen unserer Kundinnen und Kunden bestens, war sie doch selber jahrelang in der Gastgewerbebranche tätig.

Sie steht in der italienischsprachigen Schweiz der Kundschaft und den Brokern mit ihrem Wissen und Know-how zur Verfügung und hat ihr Büro in Lugano.